Mit manchen guten Bekannten trifft man sich leider nur selten. Wenn es dann aber doch mal soweit ist, geht man gern etwas Essen. Der letzte Besuch führte uns in ein griechisches Restaurant, der aktuelle sollte italienisch begleitet werden. Das war der gedankliche Ansatz und er war für gut befunden worden. Aber Wunsch und Wirklichkeit liegen manchmal arg weit auseinander.
Der erste Schock des Abends: Der Italiener, den wir uns als Gastgeber ausgesucht hatten (ich hörte mal davon, dass dort selbst Lebensmittelkontrolleure gern essen gehen), war geschlossen, ein großes "zu Vermieten"-Schild gab keine Hoffnung, dass er jemals wieder öffnen würde, schon gar nicht an dem Abend. Also wurde überlegt, wo fußläufig erreichbar der nächste Pastakocher stehen könnte.
Kollege Volksmund pflegt manchmal zu sagen: "Der erste Gedanke ist der beste." Hier irrte der Fachmann, und der Laie wunderte sich gar nicht mehr. Die Wahl fiel auf eine Lokalität, die gefühlt im wöchentlichen Rhythmus seine Küche und seinen Charakter wechselt. Es war aber noch der Italiener, von dem ich vor einiger Zeit gelesen hatte und wechselte auch während unseres Aufenthaltes nicht den Pächter. Die Speisekarte durchforschte ich nur kurz nach der Vorspeise und dem Hauptgericht, dass ich so gern beim ursprünglich geplanten Restaurant gegessen hätte und wurde fündig.
Fangen wir mal hinten an. Der Cappuccino zum Schluss war gut, obwohl der Kellner den Zucker vergaß. Maßgabe für die Qualität waren a) der Geschmack und b) die Tatsache, dass ich erst um 2 Uhr den Weg ins Bett gefunden habe. Als Nicht-sehr-häufig-Kaffee-Trinker passiert mir sowas schon mal. Die Spagetti frutti di mare hatte ich anderswo auch schon mal besser gegessen; unter al dente verstehen mein Tischnachbar (Rigatoni) und ich augenscheinlich was anderes als der Koch. Zwei Frechheiten waren allerdings die Vorspeisen. Beide kamen wohl aus der Mikrowelle. Bei einer Tomatencremesuppe lasse ich mir das sogar noch gefallen, stellt man sie doch in größeren Mengen her und friert sie portionsweise ein. Wenn sie dann aber schmeckte, als ob sie aus der Discounterdose stammte, tut man damit vermutlich dem Discounterprodukt keinen Gefallen.
Die Krönung war das Carpaccio, zugegeben eine heikle Speise, bei der sich die Qualität der Küche offenbart. Wunderschön marmoriertes Rinderfilet wurde in hauchdünne Scheiben geschnitten, auf einem mit einer Vinaigrette und etwas Eisbergsalat (weglassen!) benetzten Teller angerichtet und mit ein paar Champignonscheiben garniert. Ein paar Parmesanhobelspäne wären nicht schlecht gewesen, dafür wurde aber frisch gepfeffert. Die Kunst beim Carpaccio ist das hauchdünne Zuschneiden des Rinderfilets. Normalerweise lässt man das frische Filet ("Sushiqualität" sollte es haben) leicht anfrieren und hobelt dann förmlich mit einem sehr scharfen Messer die Scheiben herunter. Nicht so in besuchter Speisegaststätte: Das tief gefrorene Fleisch wurde mit der Mikrowelle angetaut, was die Scheiben mit einem gar nicht delikaten grauen Rand und spürbaren Überresten von Eiskristallen hinterlies. Bäh! Wie kann man aus vernünftigen Zutaten so einen Mist machen?
Die Fragen, die bleiben: Warum setzt sich Qualität nicht durch? Wieso muss ich für ein Essen 22,50 € bezahlen, dessen kulinarischer Wert weit darunter gelegen hat? Liegt es doch nur wieder an der "Geiz-ist-geil"-Mentalität? Geiz ist eklig! Wo kann man in der Region noch gut italienisch essen? Zu dem Italiener gehe ich jedenfalls nicht wieder.
Das ist ja mal eine Idee: Die 10 besten Restaurants, in denen Lebensmittelkontrolleure gern essen gehen 🙂
PS: Bei nächster Gelegenheit verrätst du mir, welcher Italiener das war.
Steht drin. Zumindest der noch offene. Der geschlossene war Ben Venuti in der Rathauspassage. :'-(
Das Problem besteht darin, daß noch nicht einmal die meisten Italiener wissen, was ein "klassisches" Carpaccio ist.
Das Filet so dünn geschnitten, daß ein Tellermuster durchscheint.Dann: Nur Salz und Pfeffer.
Olivenöl, Zitrone, Vinaigrette, Parmesan, Champignons, ja sogar Trüffel: PFUI!!!
Nur die Original-"Universalsauce" nach dem Rezept von Giovanni Bellini:
Maxo, Worcester, Zitronensaft,Salz,Pfeffer und etwas Milch:
Die Sauce muß so dick sein, daß sie gerade noch am Löffel hängen bleibt.
Und dann das Wichtigste: KEIN Besteck!
"Man" ist das Carpaccio nur mit Grissinis, die man einmal durchbricht. Die Bruchrundung ist so scharf gezackt, daß man damit das Fleisch und die Sauce aufnehmen kann.
Alles andere ist Barbarei.
Und wenn Du dies in Original-Qualität haben willst, fahre nach Venedig in Harry`s Bar oder nach Köln zu Luciano.
Guten Appetit, ich mache mir jetzt ein Vitello Tonnato.
Ich habe da auch gerade noch einen schönen Artikel zum Thema Carpaccio gefunden.
Mit der Universalsoße aus Harry's Bar, die es da ja schon vor dem Carpaccio gab, kriegt man es vermutlich wirklich fast nur noch dort. Ehrlich gesagt lege ich da auch nicht wirklich großen Wert drauf (probieren würde ich es schon mal gern).
Mir schmeckt die Variante mit Vinaigrette und Parmesan, wenn sie gut zubereitet ist. Wenn ...
Dann ist es kein Carpaccio mehr, wie Sauerbraten ohne Essig.
Wieso ohne Essig? In einer vernünftigen Vinaigrette ist doch Essig ... 😉
Wie machst Du denn einen Sauerbraten? Mit Vinaigrette?
Dann nimm doch Kirschtorte ohne Kirschen, bitte mit Erdbeeren.
Wenn Dir DIE Kirschtorte besser schmeckt.
Ich dachte, Du redest noch vom Carpaccio mit Vinaigrette.
Ob an fertiger (TK-)Kirschtorte wirklich Kirschen sind, daran wird noch geforscht. An Joghurt mit Kirschgeschmack ist jedenfalls keine Kirsche - allerdings auch keine Erdbeere. Die richtigen Kirschen sind ja auch viel zu gut, um in sowas schnödem verarbeitet zu werden. Aber so sind Models (für die Fotos auf den Verpackungen) nunmal: Gutaussehend, teuer und unerreichbar. 😉