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Berlin ist immer mal wieder eine Reise wert. So habe ich mich auf den Fahrersitz meines Autos geschwungen und die zwei Stunden Fahrzeit zu einem kleinen lukullischen Ausflug genutzt. Teilweise unbestätigten Gerüchten zu Folge soll es derartige Fahrten schon gegeben haben, nur um ein Hotdog in einer Filiale eines schwedischen Möbelhauses in der Hauptstadt zu sich zu nehmen. Die war diesmal aber höchstens ein Sekundärziel und wurde letztendlich freundlich ignoriert.

In Berlin Essen zu gehen ist ob der Vielfalt ein sicher nicht ganz leichtes Unterfangen. Wer aber natürliche Lebensmittel geschmackvoll, aromenreich und optisch wohltätig zubereitet zu sich nehmen möchte, für den schränkt sich die Auswahl doch schon ganz schön ein. Sicher ist die Zahl der Restaurants immer noch größer als eins, aber es wird schon schwieriger, was passendes zu finden. Leider begannen gerade die Betriebsferien im zu lobenden Speisesalon, aber ab Mitte August steht das Team aus Norbert (Küche) und Andy (Service) wieder allen Kulinarikern  zur genussbereitenden Verfügung.

"Essen fassen" heißt der Laden in der Charlottenburger Knesebeckstraße 89, der auf den ersten Blick eher durch Unauffälligkeit auffällt. Die handgeschriebene und beinahe täglich aktualisierte Speisekarte bietet eine mittags und abends genauso unterschiedliches wie außergewöhnliches. Das, was man überall bekommt, sucht man vergeblich, und eigentlich möchte man sich von oben bis unten durch die Karte fressen, weil man sich nicht entscheiden kann. Berlin ist also immer wieder eine Reise wert, und wenn es nur zum Essen fassen geht.

Wie weit würde ein Convenience-Aufwärmer gehen, um seinen Gästen zu verschleiern, dass seine Küche nur ein Durchlauferhitzer und Anrichter ist, aber dort nicht wirklich gekocht wird? Bei einem nicht mehr existierenden griechischen Restaurant mit angeschlossenem Pizzaservice (oder umgekehrt) aus Neubrandenburgs weiterem Umfeld gab man sich nicht viel Mühe dabei. Naive Gäste mochten das "Kling" aus der Küche für ein Kellnerrufsignal halten, was es letztendlich im Nebenberuf auch war, aber Gäste mit Blick in die Küche bemerkten schnell, dass es doch nur das Ende des Assiettenaufwärmens signalisierte. Aber das soll eigentlich gar nicht das Thema sein.

Wenn aus der Küche hämmernde, beim Aufschlag leicht gedämpfte Geräusche kommen, dann darf man sicher sein, dass die bestellten Schnitzel, seien sie vom Kalb oder vom Schwein, frisch zubereitet werden. Die ebenfalls für eine Herstellung aus frischen Zutaten sprechende nötige Zeit wird mit einem feinen Gruß aus der Küche überbrückt, der sich in Form einer kleinen Hummersuppe in einem Schälchen auf dem Tisch materialisierte.

Ernährungsexperten empfehlen bei Speisenfolgen mit grünem Salat, diesen vor den anderen Gängen zu essen. Das hat verschiedene Vorteile. Hat man gelernt, mit dem Essen aufzuhören, wenn man satt ist - und nicht zwangsweise seinen Teller leer isst -, so füllt das Grünzeug erfreulich kalorienarm den Magen, so dass von der nachfolgenden Currywurst mit Twistern nicht mehr ganz so viel gegessen wird. Kommt es erst zum Ende der Mahlzeit zum Verzehr, entfällt der Effekt. Außerdem welkt der Salat dann unnötig lange im Verdauungsapparat, was unangenehm sein könnte. Auch aus kulinarischen Gründen ist der gesunde Erstverzehr anzuraten, kommen die feinen Aromen des Dressings nicht gegen die Currysoßengeschmacksbombe an.

Außer den schon erwähnten Twistern (frittierte Kartoffelschlangen) kamen augenscheinlich selbstgemachte Bratkartoffeln und ein bunter Kartoffelsalat aus kleinen französischen Kartoffeln mit lauwarmem Sauerrahmdressing mit Tomaten und Rucola auf die Teller. Meine Vorliebe für die Rauke ist bekannterweise streng limitiert, in der vorgelegten Varianten kann ich mir aber durchaus vorstellen, öfter dieses Modekraut zu essen. Das seinen Namen verdienende Wiener Schnitzel sowie das ebenfalls schon aus der Küche gehörte Riesenschnitzel in einer Panade aus geschredderten Salzstangen u. ä. (interessante Idee!) waren lecker, logistische Probleme brachten sie aber mehr-, dafür kleinteilig auf den Teller.

Für das, was noch zu sagen ist, und was man ins Gästebuch schreiben könnte, sei - in Teilen - der Abspann einer bekannten Fernsehserie zitiert:
Wer hat an der Uhr gedreht?
Ist es wirklich schon so spät?
Stimmt es, dass es sein muss:
Ist für heute wirklich Schluss?

Heute ist nicht alle Tage,
ich komm wieder, keine Frage!

Die Tageskarte ist allerdings immer wieder eine Überraschung wert, vorher informieren ist nicht. Das liegt im wesentlichen daran, dass im Internetangebot unter www.berlin-nb.de die Menükarte am 04.08.2009 abgelaufen ist ...

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Wie bekommt man zwei Themen in einen Beitrag, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben? Einfachste Lösung: Man macht zwei Beiträge draus. Oder man konstruiert einen Zusammenhang, den es vielleicht gar nicht gibt. Wobei es im konkreten Fall nicht am Zusammenhang scheitern sollte, fanden doch die Themen auslösenden Ereignisse völlig unkonstruiert am gleichen Ort statt. Außerdem wurden ein paar wesentliche Aspekte, um die es hier eigentlich immer mal wieder geht, auch noch schwungvoll miteinander kombiniert: Genüsse für Zunge und Magen, Ohr und Kopf.

Wäre es mit dem Beginn um 20:30 Uhr nicht etwas früh dafür, könnte man das "Stadttheater" von Silvio F. Witt, bekannt aus Presse, Neubrandenburg und Internet-TV, eine Late-Night-Show nennen, wies doch die aktuelle Ausgabe hinreichend viele Elemente bekannter Vorbilder aus. Aber natürlich wird nicht einfach so aus dem "richtigen" Fernsehen abgekupfert, etwas anders sollte man schon machen. Nach Warm Up und kurzer Anfangsconférence kam gleich der Gast auf die Bühne, Zeitdruck durch später nicht mehr fahrende Züge vorschiebend. Der kommentierte Monatsrückblick folgte dann nach dessen Aufbruch. Ebenfalls vorhanden: eine Band; beim "Stadttheater" ein Klavierspieler mit Helmut-Zerlett-Syndrom.

Manchmal ist man doch sehr erstaunt, was so lustiges innerhalb eines Monats in Neubrandenburg passiert. Sicher, vieles war nicht von Natur aus heiter, aber mit Silvio F. Witts Blickwinkel unter Ausnutzung der Übermittlung und Widerspiegelung durch die hiesige Presse kam der unfreiwillige Humor doch zutage. Von irgendwoher kam der Gedankenblitz eines auf die Bühne gebrachten Neubrandenblogs, wenngleich die Kommentare - man möchte sagen: erfreulicherweise - dünn gesät waren, gab es doch aber einige hiesiger Blogger und Blogkommentatoren im Publikum.

Übrigens kann man im "berlin" nicht nur Kultur sondern durchaus auch kulinarisches genießen. Wenn man die Speisekarte in der Hand für eher übersichtlich hält, vor allem, wenn man sich auf die Nahrungsaufnahme konzentriert, dann hat man die große Wandtafel übersehen, auf der die Tagesgerichte zur Auswahl stehen. Angefangen bei einer typisch (b/B)erliner Speise wie Currywurst - natürlich edel, aber dadurch leider ohne Pappteller - über Schnitzelgerichte bis zu Dorade und Maispoularde reicht das Menü, dass eine ausgewogene Mischung aus Qualität, Ambiente und Preis bietet. Die Anzahl der Gerichte auf der Wandtafel verspricht wechselnde kulinarische Genüsse, so dass sich auch ein wiederholter Besuch lohnen könnte.

Apropos: Das nächste "Stadttheater" mit Silvio F. Witt und Band findet am 12. Mai 2010 am gleichen Ort statt. Der 1. und 2. Teil sind u. a. auf Youtube zu sehen. Und wer nebenher versucht hat, nach dem Helmut-Zerlett-Syndrom zu googlen und es nicht gefunden hat, dem sei es erläutert: guter Musiker, aber als Sidekick nicht geeignet. Letzterer wäre aber durchaus eine überlegenswerte Idee. Er muss ja nicht unbedingt mit auf der (kleinen) Bühne sitzen.