"Wie fanden Sie das Steak", fragte der Ober. Darauf der Gast: "Als ich das Spinatblatt anhob, lag es darunter."
Die "französische Küche" hat einen gewissen Ruf. Große Teller, weniges, aber leckeres drauf. "Das Essen ist sehr übersichtlich angeordnet" hat mal irgendwer dazu gesagt. Aber dazu gibt es dann fünf, sieben oder noch mehr Gänge. Kulinarische Kunst auf höchstem Niveau, wenn man das mal so nennen darf.
Küchen, die sich an dem Beispiel orientieren, findet man selten. Wobei die Speisekarten hiesiger Gaststätten in ihrer Aufteilung noch entsprechende Referenzen aufweisen. Die Gliederung in Vorspeisen, Salate, Kleinigkeiten, Suppen, Hauptgerichte (nach der Hauptzutat sortiert) und Desserts ist nicht ohne Vorbild.
Machen wir ein Gedankenexperiment. Erinnert Euch an Eure Restaurantsbesuche der letzten Zeit und an die Speisen, die Ihr oder Eure Mitesser zu sich genommen haben. Schwerpunkt ist hier nicht unbedingt die Qualität, sondern die Menge der Speise. Und nun stellt Euch vor, ihr würdet ein klassisches Menü, wie wir es zum Beispiel vom "Dinner for one" kennen, anhand der Speisekarten und Portionen selbst zusammenstellen: Suppe, Fisch, Geflügel, Dessert (im Original: Mulligatawny-Suppe, Nordsee-Schellfisch, Hühnchen und Früchte). Da wird im Abschluss das Mintplättchen zum Tropfen, der das Fass zum Platzen bringt.
Spätestens nach dem Fisch wären wir doch schon satt. Es scheint doch so, als ob Wirte hauptsächlich mit der Menge der auf den Teller gehäuften Speise Eindruck schinden wollen. Natürlich könnten man jetzt einwenden, dass man ja nicht alles aufzuessen braucht, aber bei Resten auf dem Teller wird man auch komisch von den Bedienungen angesehen.
Ein Wirt, nach der Größe der Portionen befragt, meinte, dass er ja sicher gehen will, dass die Gäste auch satt werden. Verfolgt er damit die richtige Philosophie? Sicherlich soll niemand hungrig ein Restaurant verlassen. Aber warum reagiert kein Service und keine Küche, wenn aus der Bestellung ersichtlich ist, dass sich der Gast ein Menü zusammengestellt hat? Alles gibt es in den Standardportionsgrößen, die für mehr als zwei Gänge eigentlich keinen Platz lassen. Selbst wenn der Gast nur ein Essen bestellt und danach pappsatt ist, stellt sich die Frage, warum es dann in der Gaststätte eine Dessert- oder Eiskarte gibt und diese im Anschluss auch noch angeboten wird. Das ist zynisch!
Auf dem aktuellen Preisniveau der regionalen Gastronomie ist eine Portionsverkleinerung auf zwei Drittel der jetzigen Größe und Preisanpassung durchaus gerechtfertigt und akzeptabel, ggf. sollten die Köche einfach mal überlegen, ob es die Gerichte vertragen, die "Sättigungsbeilage" wegzulassen bzw. auf ein Minimum zu reduzieren. Glückliche Gäste, die sich dann noch ein Dessert bestellen können, und damit steigende Umsätze, sollten nicht lange auf sich warten lassen.