Vielleicht kennt ihr ja die Situation: Irgendwie geht alles schief, nichts ist so, wie es soll, und trotzdem kommt ganz zum Schluss was positives raus. So in etwa kann man ein kulinarisches Erlebnis bezeichnen, dass man in der Region vermutlich nicht so einfach noch einmal findet. Wenn man es schafft, des Deutschen Exaktheit und Herrlichkeit am offenen Eingangstor abzulegen, dann kann man Zunge, Gaumen und anderen Sinnen eine große Freude machen.
Wie möchte ich ein Mecklenburger Chaos definieren? Natürlich ist ihm das Durcheinander nicht abzusprechen, es ist aber nicht hektisch, eher behäbig zu nennen. Der Besitzer des Chaos regiert dann aber mit der Gelassenheit und inneren Stärke, die doch irgendwie typisch ist für den Landstrich südlich Neubrandenburgs.
Auf der Webseite des Restaurants ist 10 Uhr als Öffnungszeit angegeben, die halb zwölf erscheinenden Gäste lesen am Eingang, dass erst in einer halben Stunde offiziell gestartet wird. Die Tische und Stühle vor dem Haus sowie das Wetter laden aber doch zum Sitzen ein, wozu man als Erstbesucher mit ein wenig Naturverbundenheit gar nicht kommt. So fesseln zwei süße Lämmer, eine Vielzahl Gössel, Flugenten und eine Glucke, die sich auch der Gössel angenommen hat, sowie eine Hündin die Aufmerksamkeit. Aber nicht nur die Gäste sind hungrig, im Gegensatz zu den Lämmern geben sie das aber nicht durch lauthalses Schreien, sondern durch eine gesittete Bestellung Ausdruck. Schade, dass nicht alle Gerichte der Karte aufgrund Mangels an wesentlichen Zutaten verfügbar waren. Es fand aber jeder etwas.
Als besonderes Extra wurden die Gäste auch gleich noch in die Lämmerfütterung eingespannt, was die Wartezeit bis zum Essen vergnüglich verkürzte. Auch Susi - bereits erwähnte Hündin - hatte ihren Part in der Gästeunterhaltung und wich nicht vom Tisch, bis nicht der letzte Ball geworfen und der letzte Teller (ohne ihre Beteiligung, naja: fast ohne) leer gegessen war.
Apropos Essen. Der kleine, zum Essen gereicht Salat sah auf den ersten Blick mit Eisbergsalat, Tomate, Olive, Kräutern und einem Klecks Ziegenfrischkäse ein wenig 08/15 aus, die Vinaigrette riss es aber heraus, so dass man doch das mancherorts gereichte Brot vermisste, um auch noch die letzten Tropfen aufzutunken. Allen bestellten Gerichten gemeinsam war, dass sie des Mecklenburgers liebste Zutat anfangs etwas vermissen ließen, zumal die Beilagen Salzkartoffeln und Semmelknödel eigentlich danach förmlich schreien: Soße! Auch war der Semmelknödel laut Menü eigentlich gar nicht bestellt, und die "frischen gebratenen Pfifferlinge" sahen irgendwie wie Champignons aus.
Aber wir wollten das Nörglertum am Eingangstor abgeben (s. o.) und das Essen genießen, was auch gelang. Irgendwie fand sich auf den Tellern doch genug leckere Feuchtigkeit, den Knödel zu aromatisieren und die Salzkartoffeln zu veredeln. Fisch, Fleisch, Wurst und Gemüse gerieten zur beinahe unerwarteten Gaumenfreude, das einzig wirkliche Manko waren die nicht ganz garen Erdäpfel. So gingen, von den Wirtsleuten hoffentlich wohlbemerkt, die Teller leer wieder in die Küche zurück. Selbst die Fischköpfe waren nicht mehr drauf: Susis Anteil.
Das Forsthaus Strelitz mit seiner ungewöhnlichen Küche kann für einen kleinen Ausflug sicher empfohlen werden, es wird aber gegessen, was auf den Tisch kommt! Vielleicht lohnt ja auch eine Voranmeldung, dann wirkt der Hausherr beim ersten Gästekontakt nicht ganz so verschlafen. 😉